Genschere bei Tieren, Pflanzen und Pilzen

Zellen von Pilzen, Tieren und Pflanzen besitzen eine dem CRISPR-System ähnliche natürliche Genschere. Das neue Geneditierungswerkzeug ließe sich für therapeutischen Anwendungen weiterentwickeln.

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Wissenschaftler um Professor Feng Zhang, der am Broad Institute des Massachusetts Institute of Technology (MIT) tätig ist, entdeckten eine Genschere, die natürlicherweise in Pilzen, Pflanzen und Tieren vorkommt. Fanzor (eukaryotic transposon-encoded Fanzor (Fz) protein) funktioniert ähnlich wie das CRISPR-System aus Bakterien, allerdings weniger effektiv. Die Forscher haben die Genschere bereits optimiert.

Die CRISPR-Technologie wird heute unter anderem zur Gentherapie an menschlichen Zellen genutzt. Feng Zhang hat dabei die Übertragung des bakteriellen Systems auf menschliche Zellen maßgeblich vorangetrieben. Er befand sich auch deshalb in einer jahrelangen patentrechtlichen Auseinandersetzung mit Jennifer Doudna und Emmanuelle Charpentier, die im Jahr 2020 für die ursprüngliche Entdeckung der Genschere mit dem Nobelpreis geehrt wurden. Der Patentrechtsstreit wurde zu seinen Gunsten entschieden, steht aber in weiterer juristischer Abklärung.

Ein Vorteil der neu entwickelten Genschere ist ihre Genauigkeit im Gegensatz zum CRISPR-Cas-System, welches die DNA auch mal an einer falschen Stelle schneidet. Solche „Kollateral-Aktivität“ trat laut den Forschern bei einem bestimmten Fanzor-System bislang nicht auf. Zudem gelangt Fanzor aufgrund seiner geringeren Größe leichter in die eukaryotischen Zellen als die Cas-Proteine. „Dieses neue System ist eine weitere Möglichkeit, präzise Veränderungen in menschlichen Zellen vorzunehmen, und ergänzt die bereits vorhandenen Genom-Editing-Tools“, erklärt Zhang.

Das Enzym Fanzor wird durch eine RNA (guide-RNA) zur Zielsequenz geleitet und schneidet dort die DNA. Zhang wandelte das Protein so um, dass es für eine gezielte Genom-Editierung beim Menschen verwendet werden kann.

Bakterien besitzen RNA-gesteuerte Nukleasen (RNA-guided nucleases), deren genetische Information auf mobilen genetischen Elementen (Transposons) der IS200/605-Familie liegt. Das eukaryotische Fanzor-Protein entwickelte sich wahrscheinlich aus einem bakteriellen Vorläufer dieser Enzyme.

Zwei Jahre zuvor (2021) entdeckte das Forscherteam die auf Transposons kodierten RNA-gesteuerten Nukleasen, welche als OMEGA (obligate mobile element–guided activity) bezeichnet werden. Omega-Proteine schneiden DNA-Sequenzen aus dem Genom und setzten sie an einer anderen Stelle wieder ein. Die eukaryotischen OMEGA-Proteine entwickelten sich sogar früher als das CRISPR-System und könnten eine Vorstufe dieses Systems sein. Durch die springenden Gene konnte sich das OMEGA/Fanzor-System in die eukaryotischen Zellen einbauen.

Mit ihrer wissenschaftlichen Arbeit konnten die Forscher zeigen, dass es in allen Domänen des Lebens RNA-geleitete Endonukleasen gibt. Zudem gelang es den Wissenschaftlern, Fanzor so umzuprogrammieren, dass es auch menschliche Gene schneiden kann. Die Forscher optimierten das System am Pilz Spizellomyces punctatus (SpuFz1), so dass die Endonuklease gezielt Insertionen und Deletionen im menschlichen Erbgut vornehmen konnte. Eine weitere Effizienzverbesserung der Genschere könnte diese für therapeutische Zwecke einsetzbar machen.

Die neuen Forschungsergebnisse erschienen im Fachmagazin Nature.

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